Atelierbesuch bei Falko

Atelierbesuch bei Falko

FALKO – so steht unter seinen Bildern. So nennen ihn auch seine Freunde; das sind überraschend viele Bewohner der kleinen Stadt Eckernförde. Falko Windhaus wird allgemein nur bei seinem Vornamen genannt. Die meisten kennen ihn als Maler, viele als Galeristen und einige als begnadeten Koch. Letztlich ist er fast allen in Eckernförde ein Begriff: Als markant weiß gekleidete Gestalt, stets in den Straßen und Treffs zu Hause, mit viel Zeit für ein gutes Gespräch. Als Falko vor rund zwanzig Jahren aus Bielefeld nach Eckernförder kam, eroberte er sich seine neue Heimat im Sturm. Nicht nur als Besucher, sondern auch als Gestalter war er in den Kneipen anzutreffen. Neben seiner Arbeit als Galerist in der Galerie Geronimo betätigt er sich als Innenraumgestalter, Farbberater und Formender.

Wohnung

Kaum betritt man das Haus, in dem er lebt und malt, wird man gefangen genommen. Wenn der Maler mangels einer elektrischen Vorrichtung die Tür eigenhändig öffnet, begegnet man gleich seinen Bildern. Das enge Treppenhaus – unser Gastgeber wohnt im zweiten Stock -, hängt voll von neuen und frühe Werken Falkos, aber auch dicht an dicht von Bildern seiner Freunde. Der Besucher hangelt sich gemächlich die Treppe hinauf, weil das Auge und die Neugier bremsend wirken, aber nicht nur die Höflichkeit zieht einen letztlich aufwärts in die Künstlerklause, auch die Pflichten als Gast. Zum Ende des Besuches geht es ja wieder treppab mit Zeit zu weiterer Begutachtung. Erstaunlich klein kommt einem die Behausung des Malers vor, besonders für einen Künstler, der auch vor ungewöhnlichen Formaten nicht zurückschreckt.

Küche

Ein winziger Flur führt in eine passabel große Küche, das besondere Reich. Auf wenigen Quadratmetern drängen sich hier praktische Küchenutensilien, ausgefallene Töpfe und Kasserollen neben schier unerschöpflichen Vorräten an Gewürzen, Flaschen und frischen Küchekr.utern. Warme Farbtöne wie Gelb und Orange herrschen vor, die selbst dem kalten Blau der Messer und Gläser einen goldenen Schimmer verleihen. Kaum Bilder sind in dem bei aller Fülle gut geordneten Raum zu sehen, dafür zufällige aussehende Arrangements wie Flaschentomaten und getrocknete Früchte, auf einem edlen Teller zu einem Stillleben vereint. Ein kleiner Tisch lädt zwei Genießer zum Essen ein, dagegen geben die Arbeitsflächen sowie die Anordnung von Gasherd und Kühlschrank Auskunft darüber, dass hier jemand agiert, der weiß, wie man auch knappe Flächen zu lustvoller Küchenarbeit nutzt. Und tatsächlich: Falko hat sich auch als Koch und Gastgeber in seinem umfangreichen Freundeskreis einen Namen gemacht. Er kultiviert nicht nur den gaumensinnlichen Genuss in seinen an höfische Gelage erinnernden Gastmalen, er inszeniert Dinieren von der allerersten Vorbereitung bis zur liebevoll gestalteten Menükarte und wundervoll komponierten Tischdekoration, auf Speisefolge und Thema perfekt abgestimmt. Selbst die Glücklichen, die in die ehrenvolle Auswahl des erlebnisvollen Genussabends kommen, werden mit Bedacht ausgesucht. In der Küche offenbart Falko den Denker und den Ästheten und vielleicht ein kleines Bisschen mehr über sich selbst, als ihm – veröffentlicht – recht ist.

Garten und Flur

Da leider bei meinem Besuch nicht das Essen im Mittelpunkt stehen sollte, obwohl der Meister später überraschenderweise doch noch an Pfannen und Näpfen zauberte, schauen wir uns auch in den anderen Räumen um. Die Tür zum Treppenhaus gegenüber der Küche hängt voller Fotos, Zeitungsausschnitte und Memorealien die dem Bewohner wichtig sind. Rechts führt eine fast immer offene Tür hinaus in einen Garten. Ein Garten im zweiten Stock? Ja, denn der große Balkon, der zu drei Seiten ein Panorama über Eckernförde, das Noor und Borby zulässt, steht voller Pflanzen, Büsche und Gewächsen. Vieles davon ist essbar und dient nicht nur der Dekoration und der Schönheit. Zwischen bunt blühenden Gewächsen, deren Verzehr eher zweifelhaft erscheint, sind auch Installationen und Plastiken auszumachen. Hier kündet, deutlich sichtbar, die gepflegte Atmosphäre von behaglichen, stillen Stunden, von Erholung und Ruhe.

Lebensräume

Gegenüber der Balkontür die zwei Lebensräume des Malers: Das Universal- oder Wohnzimmer ist fast groß zu nennen, wären da nicht eine Vielzahl von Bildern, Plastiken, Pflanzen, Gläsern, Stühlen und profanen Gegenständen des Alltags, die den Blick von der Totale abziehen. Beherrscht wird der Raum von einem langen Tisch, auf dem sich vielerlei Stifte, Farben und handwerkliches Gerät zur Bildproduktion kunterbunt nebeneinander ausbreiten. Eine bereits grundierte und begonnene Leinwand zeigt viele Stühle und drei Tische, auf denen erste Teller und Löffel auf ein Mal warten. Genüsslich und sorgsam spitzt Falko einen dicken weißen Stift und, tief über das Werk gebeugt, wird ein weiterer Teller dazu gedeckt. Die Arbeit geht ihm schnell von der Hand. offensichtlich scheint das Bild in ihm schon länger fertig zu sein Er realisiert ohne jedes bedächtiges Innehalten seine Striche, während sein Blick konzentriert beim entstehenden Detail bleibt. Selbst als er sich mit einem Ruck aufrichtet und nochmals das im extremen Breitformat angelegte Werk beschaut, blinkt keine Frage in seinen Augen auf, denn: so soll es sein, was ist! Hier kommt der Handwerker im Künstler zum Vorschein. Das fertige Bild wird dann in einen vorbereiteten Holzrahmen gelegt und mit Hilfe von Leim fixiert. Die über den Boden verstreuten, gewichtigen Kunstbände bekommen jetzt eine ganz und gar praktische Aufgabe: sie pressen Rahmen, Leim und Bild zusammen. Nur kurz nippt der Künstler am erkalteten Kaffe, und schon liegt das nächste halb fertige Bild auf dem zur Werkbank umfunktionierten Tisch.

20 Jahre Falko in Eckernförde

Falko Windhaus zeichnet und malt im Stubenatelier seiner vierzig Quadratmeterwohnung, während aus dem Schlafzimmer Miles Davis perfekte Trompetenklänge herüberklingen. Für Falko gibt es mit der jetzt vorbereiteten Ausstellung auch noch etwas anderes zu feiern: seine 20 Jahre Eckernförde. Ein mehr privates Jubelfest, das er eher klammheimlich innerhalb der grossen Ausstellung begeht. Wichtig ist ihm, das der malerische Rahmen, die Vielzahl der Bilder, die Zusammenstellung und auch die Quantität dem Publikum (seinen Publikum) etwas bietet, es verwöhnt und vielleicht auch etwas unterhält.

Inzwischen Ist der Maler bereits beim fünften Bild angekommen. Jeweils nur wenige Details werden ergänzt und das ganze so vollendet. Für den Besucher wird es langsam Zeit zum aufbrechen. Viele neue Eindrücke sind entstanden an diesem Mittag. Falko nötigt den Besucher noch zu einer kleinen Malzeit, ohne das er seine Überredungskünste all zu sehr anstrengen musste. Köstlich, das Thunfischsteak, das er in kurzer Zeit auf den Tisch zaubert. Eigentlich könnte er ohne große Schwierigkeiten auch als Koch arbeiten. „Man sollte beruflich nichts tun, was Spaß macht – beim Malen mache ich aber eine Ausnahme“, weißt er diese Idee weit von sich.

Während der Besucher die enge Treppe hinuterklettert, nimmt er schon nicht mehr die Fülle der Bilder war, die er am Anfang nicht betrachten konnte. Inzwischen ist er optisch abgefüllt wie nach einem Gelage, nicht mit guten Wein, sondern mit reichlichen und prächtigen Sinneseindrücken.

CC-Lizenz: fognin (www.fognin.net)